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Erpresster Familienvater auf Abwegen

Jakob hatte eigentlich alles erreicht, was er sich vom Leben gewünscht hatte. Er war Mitte Vierzig, gesund und hatte einen gutbezahlten Job als Verkaufsdirektor. Er hatte ein passables Einfamilienhaus mit Garten in der besten Wohnlage der Stadt, in der er lebte. Seit 20 Jahren war er mit Bettina verheiratet, sie hatten eine gemeinsame Tochter, Anne, die gerade 18 geworden war und im nächsten Jahr ihr Abi machen würde.

Seine Frau war eine elegante Erscheinung, die vielen Männern immer noch den Kopf verdrehte, wenn sie gemeinsam auf Parties gingen. Allerdings hatten diese gemeinsamen Verabredungen im Laufe der Jahre immer mehr abgenommen, beide lebten mehr oder weniger in ihren Kreisen.

Bettina hatte ihren "Freundinnenclub", wie sie es nannte, vier Freundinnen aus den Schultagen, mit denen sie sich ein paarmal im Monat abends traf. Er hatte sich nicht sonderlich dafür interessiert, was sie bei diesen Treffen machten, wahrscheinlich nicht viel anderes als er, wenn er sich mit den alten Kumpels von der Schule traf. Man zog ein wenig durch Kneipen, klagte sich gegenseitig sein Midlifecrisis-Leid, das mit ein paar Bierchen weggespült wurde, guckte den jungen Mädchen hinterher, aber dann wurde auch schon bald der erste müde, und die Runde löste sich auf.

An einem dieser Abende war es zu einem lustigen Moment gekommen, als ihn Peter auf ein Mädchen mit langen blonden Haaren hinwies, die mit ihren Freundinnen an der Bar stand. "Mann, Jakob, guck dir die mal an! Hat die einen geilen Arsch... und diese Titten, schön fest und nicht so riesig und hängend wie bei meiner Alten... Mann, wenn wir nur einmal noch an so ein Teen rankämen..."

Jakob hatte gelacht und Peter gesagt, er würde ihm von diesem Mädchen abraten. Peter hatte ihn ernst angeguckt und gesagt: "Hey, du bist doch nicht etwa fremdgegangen? Mann, das hätte ich von dir nicht gedacht! Bettina ist doch wirklich eine Klassefrau!" "Naja," hatte Jakob geantwortet, "bei uns ist das auch nicht mehr so stürmisch, wie es mal war... Aber das Mädchen da, die hab ich schon nackt im Arm gehalten, ja. Mann, wach auf, Peter: Das ist Anne!"

Peter verschluckte sich fast an seinem Bier. "DAS ist Anne?!? Wow, die hat sich aber gemacht! Bitte... entschuldige meinen blöden Kommentar von
ben..." -- "Ach, das macht doch nichts, sie sieht ja wirklich gut aus," hatte Jakob stolz geantwortet.

Es war also eigentlich alles im Lot. Sein Leben war ziemlich langweilig, okay, aber ging es nicht vielen so? Er hatte immerhin Glück gehabt und war nicht auf die schiefe Bahn geraten wie sein Klassenkamerad Felix, der sich vor ein paar Tagen urplötzlich nach 20 Jahren wieder einmal bei ihm gemeldet hatte. Jakob hatte einiges über ihn gehört in diesen Jahren, aber wahrscheinlich war da auch viel Gerede dabei, er habe wegen Drogen- und Mädchenhandel gesessen. Damals waren ziemliche Summen von Felix´Konten beschlagnahmt worden, munkelte man, der Kerl hatte zwar keine normale gutbürgerliche Karriere hingelegt, aber in seinem Job musste er gut gewesen sein, wenn er mehrere Millionen hatte scheffeln können, über die sich die Justiz sicher gefreut haben dürfte.

Und dann dämmerte es ihm: Wahrscheinlich war Felix einfach abgebrannt und wollte sich Geld von ihm leihen. Das würde er sich natürlich abschminken müssen, denn Jakob verdiente zwar gut, aber er schwamm auch nicht im Geld, und wie sollte er Bettina das erklären? Sie hatten ein gemeinsames Konto, das Bettina übers Internet mit einsehen konnte.

Er setzte sich in seinen Passat und fuhr zu der Kneipe, in der sich Felix mit ihm verabredet hatte. Nicht gerade die beste Gegend der Stadt, dachte Jakob, als er den Wagen parkte. Sein Passat war ja schon ein paar Jahre älter, zum Glück, dachte er, hier hätte er sich Sorgen machen müssen, ihn nach dem Kneipenbesuch noch brav auf seinem Parkplatz wiederzufinden. Die Spelunke war schlecht besucht. An der Theke saßen ein paar Männer, die unschwer als Stammgäste auszumachen waren. Er sah sich um. An einem wackeligen Tischchen in einer dunklen Ecke saß Felix und winkte ihm zu.

Jakob hatte irgendwie einen eher abgerissenen Auftritt erwartet, mit Stoppelbart und miefenden Klamotten. Aber ganz im Gegenteil: Felix war braun gebrannt, gut rasiert, hatte einen teuren Duft und ebensolche Kleidung. Vor ihm auf dem Tisch lagen seine Autoschlüssel. Das schwarze Pferd auf gelbem Grund war nicht zu übersehen. Fuhr der wirklich einen Ferrari, oder war das nur Angeberei?

"Da bist du ja, Jakob! Setzt dich doch! Mensch, eine Ewigkeit haben wir uns nicht gesehen... Na, nun setzt dich doch schon hin..."

Sie plauderten ein wenig über vergangene Zeiten, tranken ein paar Bier, bis sich Felix irgendwann räusperte und sagte, er müsse mit Jakob mal über ein Thema sprechen, das ein bisschen unangenehm sei. Aha, sagte sich Jakob, dachte ich´s mir doch, er will mich um Kohle anpumpen.

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