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Mutter der Horde

Als der letzte Lichtstrahl hinter den Baumwipfeln versiegt kann ich nicht verhindern dass mir eine Gänsehaut über den gesamten Körper streicht. Meine Schultern verspannen sich und mein Blick husch unruhig von einem flackernden Schatten zum nächsten. Es ist bei weitem nicht meine erste Nacht unter freiem Himmel und es ist auch nicht viel dunkler als an den meisten anderen Wolken verhangenen Nächten doch der Grund meines Aufenthaltes macht mich ungewöhnlich nervös. Ich habe den Auftrag, eine kleine Gruppe Goblins zur Strecke zu bringen, angenommen und bin ihren Spuren bis in diesen Wald gefolgt. Hier sollte ich mich eigentlich mit zwei Typen treffen, einem Schwertkämpfer und einem Waldläufer, doch ihre Einzigen Spuren sind nur eine heruntergebrannte Feuerstelle und ein paar Schlafsachen an der Biegung eines kleinen Baches am Rand einer kleinen Lichtung.

Eigentlich sollten sie, laut dem Auftraggeber, hier am Waldrand auf mich warten, doch seit meiner Ankunft sind schon knapp vier Stunden vergangen und obwohl die Sonne schon untergeht deutet nichts auf ihre Rückkehr hin. "Naja, vielleicht haben sie die Goblins ja schon entdeckt und sich bei der Suche verlaufen, sodass sie nicht mehr zurück finden" denke ich mir gerade als ich ein plötzlich im Wald ein Licht aufflackern sehe. Ein leises klirren dringt an meine Ohren und lässt mich hektisch nach meinem ca. 1,70 Meter langen Eschenstab, der direkt neben mir liegt, schnappen, während ich Aufspringe um mich auf einen Kampf vorzubereiten. Das klirren ertönt in unregelmäßigen Abständen und passt zu dem synchronen Aufblitzen im düsteren Wald. "Das sind wahrscheinlich die beiden, aber sie scheinen in einen Kampf verwickelt zu sein," schießt es mir durch den Kopf "aber wenn sie so stark bedrängt werden sollte ich vielleicht nicht direkt hinzustoßen, sondern schauen ob ich den Gegner vielleicht aus dem Hinterhalt überraschen". Unter höchster Anspannung mache ich mich auf den Weg in die grobe Richtung der Kampfgeräusche und versuche ein gleichmäßiges Tempo bei dem ich nicht so viel Lärm mache anzuschlagen.

Nach ein paar Minuten fällt mir auf, dass die Kampfgeräusche zwar immer unregelmäßiger werden, zugleich aber auch näher kommen. Deshalb verändere ich meinen Kurs etwas um die etwaigen Gegner zu umgehen und in ihre Flanke zu kommen, was mir nach zwei weiteren Minuten auch gelingt. Mir bietet sich ein Bild der Verzweiflung, der Bogenschütze humpelt auf die eine Schulter des Schwertkämpfers gestützt, mit einer stark blutenden Wunde am rechten Bein, den schmalen Waldweg entlang während der Schwertkämpfer, selbst aus einem Dutzend nicht ganz so schwerer Wunden blutend und mit nur einer Hand das schwere Breitschwert führend nur knapp für ihre "Sicherheit" sorgen kann. Die gar nicht so kleine Horde von Goblins, die aussehen als wären sie von einem dreijähriges Kind aus Lehm geformt worden welches dafür einen winzigen und knorrigen Baum als Vorlage benutzte, hüpft kreischend und keifend hinter den beiden her, wobei ich bemerke, dass auch ein paar von diesen aus leichten bis mittelschweren Wunden bluten. Sobald ich die Situation erfasst habe ist für mich klar, dass ich möglichst schnell eingreifen muss also warte ich bis die kämpfenden an mir vorbei marschieren und trete hinter ihnen, meinen Stab hoch erhoben, aus dem Gebüsch. Den Stab zum Nachthimmel erhoben rufe ich laut "Måneskin", woraufhin ein starkes weißes, an Mondlicht erinnerndes, Licht hinter meine vermeintlichen Kollegen erscheint und mich für sie sichtbar macht, während die Goblins geblendet werden. Die beiden Kämpfer realisieren die Situation schnell, woraufhin sich der mit dem verletzten Bein fallen lässt und sein Kollege das Breitschwert nun beidhändig führend unter den geblendeten Gegnern wüten lässt. Nachdem ich das Licht herbei gerufen haben senke ich den Stab mit der Spitze auf einen Gegner gerichtet und flüstere "svullnad gnista" was einen zu einem Feuerball anschwellenden Funken aus der Spitze meines Stabes in die angegebene Richtung schießen lässt. Der getroffene Gegner explodiert, als er getroffen wird in einem Feuerwirbel und steckt seine ihn umgebenden Kameraden noch mit an. Mittlerweile leben vielleicht noch acht der nun nicht mehr geblendeten Goblins und machen sich sobald ihre Erbsenhirne der Situation gewahr werden aus dem Staub.

Meine Umgebung so gut wie möglich im Blick halten eile ich zu den beiden und signalisiere mit erhobener Hand, dass ich ihnen nicht schaden möchte, als sie ihre Aufmerksamkeit mir zuwenden. "Baron Tarlon hat mich zu eurer Unterstützung geschickt, alle anderen Fragen kann ich euch später beantworten" erwidere ich auf den misstrauischen Blick des Schwertkämpfers und strecke dem Bogenschützen den Arm hin. Dieser beschwichtigt mit vor Schmerz gepresster Stimme den Schwertkämpfer "Sie hat uns gerade den Arsch gerettet". "Sie," ergänze ich mit einem angespannten Lächeln "heißt Lea, hat es gerne getan und würde jetzt gerne schnell von hier verschwinden." als ich sehe dass der Schwertkämpfer noch kurz zögert. Dieser grunzt einmal und wendet sich dann wieder dem dunklen Weg zu den sie entlang gekommen sind während ich den Waldläufer sich auf meine Schultern stützen lasse und anfange mit ihm in Richtung des Lagers zu humpeln. Nach ein paar Schritten in die Richtung unseres Lagers kann ich hinter mit das klappern des Kettenhemds welches der Schwertkämpfer trägt hören, als dieser sich umdreht und Anstalten macht uns zu folgen. Während meines nächsten Schrittes passieren mehrere Dinge fast zeitgleich, ich kann nur ein leises aber bedrohliches Rauschen wahrnehmen kurz bevor hinter mir ein gurgelnder Laut ertönen gefolgt von einem schweren Aufprall. Als ich mich mit dem Bogenschützen zusammen herum drehe erkenne ich, dass der Schwertkämpfer auf die Knie gestürzt ist und seine Hände auf seine, von einem schwarzen, zerfleddert aussehendem Peil mit einer bösartig gezackten Spitze durchbohrte, Kehle drückt. Ohne Vorwarnung höre ich abermals ein Rauschen kurz bevor ein Stoß durch meine rechte Körperhälfte fährt und der Waldläufer noch schmerzhaft aufstöhnt bevor sein gesamtes Gewicht unerwartet auf mir lastet und mich fast zu Boden reißt. Aus dem Augenwinkel erkenne ich einen identischen Pfeil in seiner Brust während er röchelnd zur Seite sackt und ich ihn loslassen muss.

Verstört kann ich nicht anders als das grausige Bild das sich mir nun bietet anzustarren. Der Schwertkämpfer der mittlerweile auf die Seite gestürzt ist und sich mit gurgelnden Lauten windet sowie der Waldläufer, bei dem ich erkennen kann wie der letzte Lebensfunke erlischt während ihm ein Faden Blut aus dem Mund rinnt doch noch grausiger als die beiden Sterbenden ist der Anblick der stämmigen für einen Goblin außergewöhnlich großen und sehr hässlichen Gestalt, die knapp 10 Meter vor mir auf dem Weg steht als habe sie da schon seit einiger Zeit gewartet. Ich kann nicht verhindern, dass mein Körper anfängt zu zittern sobald ich das fiese Grinsen in seinem Gesicht sehe doch als seine Hand zu seinem Schritt gleitet um sich dort zu kratzen, bemerke ich die riesige Beule die dort unverkennbar noch weiter anschwillt. Ohne Vorwarnung zucken Erinnerungen an Geschichten durch mein Gedächtnis, in denen Goblins Frauen entführen, Vergewaltigen und sie als Gebärmaschinen für ihre Horden verwenden. Ein leises Wimmern dringt aus meiner Kehle als sich noch mehr "normale" Goblins aus den Gebüschen am Wegesrand um ihn scharen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich registriere das meine beiden Begleiter entgültig Tot sind, löst sich meine Starre und ich mache auf dem Absatz kehrt, nur mit dem Gedanken soweit zu fliehen wie ich nur kann, doch als ich mich umgedreht habe stehen dort ebenfalls schon Goblins auf dem Weg und ich höre abermals ein Rauschen kurz bevor ein Schmerz an meiner Schläfe explodiert und ich das Bewusstsein verlierend zu Boden gleite.

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